Zu Gast auf der Vorpremiere der VDP Großen Gewächse

VDP Vorpremiere der großen Gewächse

Um ein Großes Gewächs zu öffnen, braucht es keinen besonderen Anlass, das Große Gewächs selbst ist der besondere Anlass.

Immer wieder ergeben sich echte Highlights für mich, so auch am 28.08.2018. Ich durfte zur Vorpremiere der VDP Großen Gewächse, wie exklusiv diese Veranstaltung ist, wird klar, wenn man die Ankündigung vom VDP liest:

In Wiesbaden werden die Großen Gewächse aus den aktuellen Jahrgängen jetzt bei der VDP.GROSSER.GEWÄCHS@ Vorpremiere erstmals exklusiv einem ausgewählten internationalen Fachpublikum gezeigt. Dort dürfen 150 der weltweit einflussreichsten Journalisten, Händler und Gastronomen als Erste die exklusiven Weine aus den berühmten VDP.GROSSEN LAGEN® probieren und sich vorab für ihre Kunden, Gäste und Leser ein Bild von Qualität und Jahrgang machen.

Diejenigen von euch, die den Podcast mit Hilke Nagel (Geschäftsführerin des VDP) gehört haben, wissen bereits, was es mit dem VDP auf sich hat. Für den Rest hier eine Kurzerläuterung:

Der VDP (Verband deutscher Prädikats- und Qualitätsweingüter) zählt ca. 200 deutsche Spitzenweingüter zu seinen Mitgliedern und wenn ich Spitzenweingüter schreibe, meine ich das wörtlich. Sicher, nicht jedes Spitzenweingut ist VDP Mitglied, aber jedes VDP Mitglied ist ein Spitzenweingut. Ihr erkennt die Weine von VDP Mitgliedern übrigens an dem Traubenadler am Flaschenhals.

VDP Adler am Flaschenhals

Die verschiedenen VDP Weingüter produzieren Weine in unterschiedlichen Qualitätsstufen, die Guts- und Ortsweine bilden die Basis, bereits ab unter 10 Euro gibt es Weine auf sehr hohem Niveau. In diesem Bereich findet man richtig starke Alltagsweine, aber auch feine Tropfen für besondere Momente.
Die Weine aus erster Lage sind typische Begleiter für die einzigartigen Augenblicke im Leben und die Großen Gewächse stellen die absolute Spitze des Sortiments dar.

Jemand hat mir mal gesagt, dass man zum Öffnen eines Großen Gewächses keinen besonderen Anlass benötigt, denn das Große Gewächs selbst ist der besondere Anlass. Ich finde, das trifft es ganz gut.

Für die VDP Vorpremiere der VDP Großen Gewächse bedeutet das, dass ich die besten Weine deutscher Spitzenhäuser verkosten darf. Da jagt ein Highlight das Nächste. Ihr werdet sicherlich verstehen, dass ich mit der Bahn angereist bin und mein Auto stehen lassen habe. Ich sag‘s euch wie’s ist, ich wollte mir die Option offenhalten, mich zu betrinken. Zugegeben, das klingt nicht wirklich professionell, aber was soll’s, man lebt nur einmal. Ich nehme es vorweg, ich habe mich nicht betrunken, das lag jedoch nicht an den Weinen, sondern eher an der Tatsache, dass solche Verkostungen ziemlich viel Konzentration erfordern.

Angekommen an der Location setzte ich mich erstmal hin und ließ alles auf mich wirken.
Ich saß gemeinsam mit zwei anderen in einer von vielen Tischreihen inmitten eines großen, festlichen Raums. Obwohl viele Leute anwesend waren hörte ich nur klirrende Gläser, keine angeregten Diskussionen, nein, hoch konzentrierte Menschen, die Weine verkosteten. Alle waren den großen Gewächsen verfallen und widmeten ihnen ihre gesamte Aufmerksamkeit.

VDP Vorpremiere der großen Gewächse 2018

Die ganze Veranstaltung war extrem gut organisiert, das gibt es in der Form sicherlich nur in Deutschland.

Die insgesamt 460 Spitzeneine wurden je nach Region und Rebsorte in sogenannte Flights eingeteilt. Ein Flight bestand aus 4-6 Weinen. Man brauchte nur den gewünschten Flight auf einen Zettel zu schreiben, diesen einer Servicekraft in die Hand drücken und ruckzuck bekam man die besagten Weine zum Verkosten. Das wars, ziemlich einfach, oder?

Mir war von Anfang an klar, dass es unmöglich ist, alle 460 Weine an einem Tag zu verkosten. Deshalb brauchte ich eine Strategie.

Ich hatte die Wahl zwischen:

  1. Ich probiere primär Weine von Winzern, die ich noch nicht kenne, in der Hoffnung, neue Lieblinge zu entdecken.
  2. Ich nehme die Flights mit Weinen, die ich schon lieben gelernt habe oder welche, die ich schon immer mal probieren wollte.
    Da ist ja zwangsweise auch immer etwas Neues für mich dabei und ich kann somit auf Entdeckungsreise gehen.

Ich entschied mich aus den genannten Gründen für die zweite Variante, außerdem habe ich bei den Weinen, die ich bereits aus vorherigen Jahrgängen kannte, eine gute Vergleichsmöglichkeit.

Ich startete mit Flight 5 in dem 5 von 6 Weinen von Heymann Löwenstein waren. Ich empfand das als einen guten Einstieg, hatte ich seine Weine doch erst vor ein paar Tagen auf der 25 Jahr Feier vom Vinocentral verkostet. Ich hatte sie noch förmlich am Gaumen und wollte vergleichen.

Ich hatte mir ja eigentlich vorgenommen, klein zu starten, aber das geht schlecht, wenn ausschließlich Spitzenweine auf der Karte stehen. Egal wo man anfing, es war immer groß.

VDP Vorpemiere Große Gewächse Flight 38

Die ersten Gläser füllten sich, ich versuchte mich zu orientieren, „steht irgendwo noch irgendetwas zu den Weinen?“ Nein, außer Region, Winzer, Rebsorte und Lage wars das. Das muss wohl reichen, wenn man mit den großen Pinkeln geht. Also machte ich mich ohne große Hintergrundinfos auf Entdeckungsreise.

Wie erwartet, waren bereits im ersten Flight echte Kracher dabei. Auch, wenn die Weine noch recht jung waren und hier und da noch Ecken und Kanten zeigten, waren sie echte Highlights und erstaunlich geschmeidig. Es fiel schwer, solche Weine beim Verkosten auszuspucken, aber in Anbetracht der Uhrzeit (11:00 Uhr) und dem, was ich alles noch verkosten wollte, wäre alles andere fahrlässig gewesen.

Ihr könnt es euch denken, ein Highlight jagte das nächste und ich verlor mich immer wieder in der Vielschichtigkeit einzelner Weine. Ließ sie im Mundraum kreisen, schloss die Augen und versuchte die verschiedenen Aromen zu identifizieren. Ich merkte dann auch, wie langsam ich war, zu jedem Glas machte ich Notizen, gefühlt versank ich viel zu tief in den Großen Gewächsen. Aber Leute, alles andere fühlte sich falsch an, diese Weine waren so gut, sie hatten einfach meine volle Aufmerksamkeit verdient.
Nach den ersten Flights ging ich in mich. „Wow, ich bin wirklich hier und verkoste als einer der ersten die neuen Flaggschiffe der deutschen Weinszene“ dachte ich mir.

CorkBordell ist ein Hobby, auch wenn wir damit viele Menschen erreichen und ich ziemlich tief in der Materie bin, würde ich mich nicht unbedingt als Profi sehen, eher als eine Art fortgeschrittener Weintrinker. Umso dankbarer war ich und bin es immer noch, dass ich an dieser Veranstaltung teilnehmen durfte.

Ich fing auch an, zu verstehen, wie anspruchsvoll der Job des Sommeliers, Weineinkäufers bzw. Kritikers ist. Früher sah das für mich immer nach einer Menge Spaß aus, ich dachte, dass ein Sommelier oder Weinkritiker auf die Frage „Was machen Sie eigentlich beruflich“ mit einem beschwipsten „Trinken!“ antwortet. Tja, falsch gedacht. Die ganze Verkosterei ist ne Menge Arbeit und erforderte unheimlich viel Konzentration und sensorische Fähigkeiten, betrunken war auf dieser Veranstaltung niemand.

Service auf der VDP Vorpremiere der Großen Gewächse

Genug abgeschweift, ich verkostete fleißig weiter und kam irgendwann an den Punkt, an dem ich mich wahrscheinlich vom Profi unterscheide. Ich hatte einen Wein im Glas, den ich perse nicht ausspucken wollte. Es war der Van Volxem Riesling Altenberg, die hervorragende Balance zwischen Säure, Frucht und Mineralität zogen mich in ihren Bann. Die Eindrücke in der Nase waren eher zurückhaltend, im Mund jedoch explodierte der Wein förmlich, das war der helle Wahnsinn.

Gut gelaunt ging es weiter, unter anderem auch zu Flight 18 mit Peter Jakob Kühns Riesling Doosberg, an ihn kam ich nicht vorbei, er gehört einfach zu meinen absoluten Lieblingswinzern. Die restlichen Vertreter in dem Flight waren Neuland für mich, ich bekam also auch meine kleine Entdeckungsreise.
Nach diversen Flights wurde es immer schwieriger die Feinheiten und Unterschiede zwischen den Weinen zu schmecken. Allerdings stach Peter Jakob Kühn mit seiner Stilistik unheimlich hervor, sorry, aber ich liebe diesen Typen einfach.

Ich ließ mir umgehend den nächsten Flight mit Kühn Riesling bringen und erneut stach dieser zwischen den anderen Spitzenrieslingen hervor. Ich war wieder an dem Punkt, an dem ich die Probe nicht ausspucken wollte. Im Gegenteil, ich lehnte mich zurück, genoss den Wein und den Moment. Anschließend recherchierte ich sofort Preise und Bezugsquellen für die Großen Gewächse von Peter Jakob Kühn. Das spricht für sich.

Es war Zeit für eine Pause, der VDP lud zum Mittagessen ein und scheute dabei keine Kosten und Mühen. Standesgemäß fand das Mittagessen im Sternerestaurant ENTE statt, ich muss nicht erwähnen, dass das Essen ein Traum war.

Hier hatte ich dann auch endlich die Möglichkeit, mich mal mit anderen Verkostern auszutauschen. Eine willkommene Abwechselung und gute Möglichkeit auch die eine oder andere Empfehlung abzugreifen.
Anschließend ging es zurück zur Verkostung, die Liste der Weine, die ich noch probieren wollte war noch ziemlich lang, meine Zeit jedoch eher knapp. Deshalb nahm ich mir vor, nur noch Notizen zu den Weinen zu machen, die extrem aus der Maße herausstachen. Das ist der Luxus, kein Einkäufer zu sein, der seine späteren Entscheidungen rechtfertigen muss.

Ich merkte um 13:50 Uhr, wie die Zeit knapp wurde, schließlich ging die Veranstaltung nur bis 17:00 Uhr. Hätte ich auf das Mittagessen verzichten sollen? Es hieß also Gas geben, ich war immer noch bei den Rieslingen, wollte aber nicht nachhause ohne ein paar Spätburgunder probiert zu haben, sind sie doch meine große Liebe.

Trotzdem blieb ich immer wieder hängen, die Rieslinge waren einfach ein Traum und die Liste derer, die ich noch verkosten mochte, wollte einfach nicht enden.

VDP Vorpremiere Große Gewächse Wiesbaden 2018

Keine Sorge, ich bekam noch rechtzeitig die Kurve zu meinen geliebten Spätburgundern, musste mich selbst allerdings etwas entschleunigen. Ich wollte ja nicht in einem Tempo durch die Flights fliegen, welches es nicht mehr möglich gemacht hätte, den Moment und die Eindrücke zu genießen. Deshalb atmete ich einmal tief durch und gönnte mir zwei Gläser Wasser, bevor ich weitermachte.

Die Rieslinge waren überwiegend aus dem Jahrgang 2017, nur vereinzelt aus 2016. Bei den Spätburgundern war das anders, sie waren in der Regel Jahrgang 2016 und teilweise sogar älter. Auch hier folgte ein Highlight dem Nächsten, wann hat man schon die Möglichkeit, die Topweine von Weingütern wie Friedrich Becker, Bernhard Huber und Co. an einem Tag zu verkosten. Ich war im siebten Himmel der Weinwelt angekommen.

Alle Weine waren auf einem dermaßen hohen Niveau, dass es schwerfällt, Einzelne hervorzuheben. Es gab zwar immer wieder Weine, die von der Stilistik extrem hervorstachen, fantastisch waren sie jedoch alle.

Ich genoss den Tag in vollen Zügen, versank zwischenzeitlich ganz tief in der Materie, fand aber auch immer wieder Momente, um einfach zu genießen.

Natürlich wusste ich schon vorher, was der VDP ist und dass er ausgezeichnete Weingüter in seinen Reihen hat. Nach der Veranstaltung habe ich darüber hinaus ein Gefühl dafür bekommen, was diesen Verband ausmacht. Mit der Vorpremiere haben die Großen Gewächse eine Bühne bekommen, die seinesgleichen sucht. Fachpublikum aus dem In- und Ausland konnten sich ein Bild von den Weinen machen, auf Facebook, Instagram und diversen Blogs wurde von den Teilnehmern teils live davon berichtet. Das war ganz großes Kino und ich bin mir sicher, dass ich noch an zahlreichen Abenden von diesem Event erzählen werden.

So, jetzt mache ich es mir gemütlich und denke sehr zufrieden und dankbar an diesen wundervollen Tag zurück. In der Hand Glas Riesling von Peter Jakob Kühn, what else?

Achso, schaut doch auch mal auf folgende Seiten, dort findet ihr die Verkostungsnotizen der Profis zu einzelnen Weinen:

 

Corkbordell Balazs Autor: Balazs

Profil

aktueller Alltagswein: Jülg Spätburgunder „Kalkmergel“ 2013
aktueller Lieblingswinzer: Weingut Jülg / Pfalz

Weintipps von Balazs

 

Niemand hat uns für das Verfassen dieses Artikels bezahlt, bestochen oder sonst was. Wir profitieren auch nicht davon, wenn ihr die in dem Artikel verlinkten Produkte bestellt bzw. die genannten Weingüter / Restaurants besucht. Das wollten wir einfach mal loswerden 🙂